Nachdem
ich am Vorabend noch das ein oder andere Bier in der Sunset
Tavern in Karumba Point genossen hatte, fällt
es mir denn doch ein wenig schwer, um 6.30 Uhr schon wieder aus
den Federn zu kommen...
Aber ich habe mir viel vorgenommen: Die 640km bis nach Chillagoe
will ich an einem Tag abspulen, denn die Burke Dev. Rd. verspricht
nicht gerade sonderlich interessant zu werden. Der Hauptgrund,
sie überhaupt zu nehmen, ist, daß die einzige Alternative
600km Teer bedeuten würde...
Aber
kaum habe ich mich aus dem Zelt geschält, spricht mich auch
schon der Nachbar an und fragt mich nach dem Zustand der Piste,
die ich am Vortag gekommen bin...
1½ Stunden und 3 Tassen Kaffee später komme
ich dann endlich los - so viel zum Thema zeitiges Wegkommen...
Ich brettere also los, und biege auf halbem Weg
zwischen Normanton und Karumba Point auf die Burke
Developmental Road ab.
Die Burke ist zum großen Teil eine gute Lehmpiste, auf der
man monoton mit 110 dahinbrettert - nun gut - hin und wieder sollte
man sich vor den Bulldust-Löchern
in Acht nehmen und besser nicht vor sich hindösen, denn sonst
bleibt man schnell an einem der zahlreichen Gates
hängen...
Ich
fahre also so vor mich hin und da kommt mir doch tatsächlich
'ne KTM entgegen - und ich denke noch, das Teil kommt mir doch
bekannt vor... Offensichtlich hat der andere Fahrer den selben
Gedanken und es stellt sich heraus, daß es Chris ist: Einer
der beiden Brüder aus der Schweiz, die ich in Perth gut drei
Monate zuvor, zufällig, mitten in der Stadt am Straßenrand
getroffen hatte. (Die müssen sich damals auch ihren Teil
gedacht haben: stehen da nichtsahnend mit ihren Mühlen mit
Schweizer Nummernschildern auf dem Gehsteig, inmitten der Wolkenkratzer
von Perth, da kommt doch glatt so ein Verrückter mit 'ner
XR quer durch den Verkehr auf sie zu, hält, steigt ab, nimmt
den Helm ab und meint auf Deutsch: 'Hi, wie geht's denn so, ich
bin der Rainer aus Karlsruhe'...)
Nun
gut - es stellt sich also heraus, daß sie bis kurz hinter
den Mitchell River gekommen waren, wo dann leider das hintere
Radlager seiner DR650 den Geist aufgegeben hatte. Und jetzt war
er mal eben 400km bis Normanton unterwegs, um dort das Ersatzteil
zu bekommen...
Sein Bruder Andi würde auf jeden Fall am Mitchell
River auf ihn warten, und ich solle ihm doch auf dem malerischen,
wilden Campingspot Gesellschaft leisten...
Nachdem
ich eh schon Verspätung habe, lasse ich mir das nicht zweimal
sagen, und beschließe kurzerhand, einen extra Tag auf der
Burke einzulegen. Ich brettere also weiter und finde auch problemlos
den Abzweig von der Burke (nahe Dunbar) Richtung Mitchell
River.
Ein
kleiner Track führt dann ein wenig konfus zur Furt: Das Flußbett
ist hier sandig und gut 100m breit. Hindurch schlängeln sich,
jahreszeitlich bedingt, nur zwei kleinere Wasserläufe, einer
flach und gerademal 3m breit, der andere mit gut 8m ein wenig
breiter und bei all dem Sand und der Strömung doch anspruchsvoll
genug, um auch schon mal ein Moped zu versenken (wie mir Andi
später plakativ schildert).
Ich
kämpfe mich also mit meinem mittlerweile profillosen Desert
durch den tiefen Sand und kurz vor der eigentlichen Furt steht
auch schon Andi in seinen Shorts und begrüßt mich mit
großem Hallo. Der kernige Klang meine XR hatte ihn jäh
aus seinen Nachmittagsbeschäftigungen gerissen :)
Er erzählt mir denn auch noch mal, weshalb
Chris denn überhaupt wieder zurück nach Normanton mußte,
denn eigentlich hätten die Teile ja mit dem wöchentlichen
Postflugzeug zur nahegelegenen Station geschickt werden sollen
- aber das klappte natürlich mal wieder nicht, weil die express-Post
von Cairns erst um 11.30 in Normanton ankommt, der Mail Plane
aber schon um 9.30 losfliegt... - na ja - das kennen wir ja jetzt
schon zu genüge...
Abends
geben wir noch den Fahrern zweier Pick-Ups gute Ratschläge,
wie sie wohl am besten durch die Furt kommen,
genießen die einmalige Dämmerungsstimmung am Mitchell
River, um dann den Abend mit einem spartanischen aber dennoch
guten Abendessen abzurunden (es geht doch nichts über ein
paar australische Grillwürse (ha!) und Baked Beans - aber
mal ehrlich: das mit den Würsten müssen die Aussies
denn doch noch mal üben - nicht umsonst lassen sie die Teile
immer fast verbrennen...)
Am
nächsten Morgen werde ich von eigenartigen Geräuschen
geweckt, von denen Andi später behauptet, es seien ein paar
Wildschweine gewesen - na wenn er meint...
Nach einem geselligen Frühstück kommt der Abschied und
ich mache mich auf den Weg zurück zur Burke. Als erstes geht's
natürlich durch den Mitchell River - schön! - und gleich
als erste am Morgen wieder nasse Füße...
Die
zweite Hälfte der Burke ist landschaftlich ein wenig interessanter,
da sie durch eine leicht bergige Landschaft führt. Bei all
dem Bulldust genehmige ich mir den einen oder anderen Fotostop.
Wer genau hinsieht, dem sollte ein kleines, aber dennoch folgenreiches
Detail an meinem Moped auffallen - nein? Nun gut - ich muß
ja zugeben - zu dem Zeitpunkt hab ich's auch übersehen -
ich konnte es ja später kaum glauben, dabei hab ich von so
was offensichtlichem noch 3 Fotos geschossen, ohne es zu sehen...
Ich
fahre also, blind wie ich bin, weiter und 50km vor Chillagoe entschließe
ich mich, doch noch 'ne verspätete Mittagspause einzulegen.
Zum Foto stelle ich meine Mühle ins tiefe Gras am Straßenrand,
und denke mir endlich: Sag mal - da stimmt doch was nicht... irgendwas
ist hier anders als sonst! Sch...! Wo zum Henker ist denn der
linke Seitenkoffer?!??!??!??!?!?
Na da war aber guter Rat teuer - in dem Koffer
waren immerhin mein Kocher, Isomatte, Schlafsack und tausend Kleinigkeiten
- eben fast die Hälfte meiner Ausrüstung! Also, was
bleibt mir anderes übrig als zurückfahren. Ein kurzer
Blick in den Tank erlaubt mir das gerade mal für ungefähr
50km :( Also geht's im Schneckentempo die Burke zurück und
ich begutachte auf gut 30km den Randstreifen bezüglich etwaiger
Spuren meiner geliebten Ausrüstung...
Zwischendurch
halte ich alle Autos an und frage, ob sie was gesehen hätten
- natürlich Fehlanzeige :(((
Dann wird's langsam kritisch: 35km und immer noch nichts gefunden
- langsam wird's knapp mit dem Sprit.
Das nächste Auto kommt aus meiner Richtung, und hält
prompt neben dem besorgten Mopedfahrer: 'Gidday mate - ya need
some help?' meint der Fahrer, der sich als Ranger entpuppt, der
mit einer Ladung Teenager zum Krokodile Zählen am Mitchell
River fährt (Toll! - zum Glück hab ich in dem Teil ja
am Vorabend noch gebadet...)
Ich schildere ihm die Misere und er meint, ob
ich irgendwas bräuchte - ich meine nur: Sprit wäre nicht
schlecht - aber das hätte er ja wohl kaum, denn sein Landcruiser
bräuchte ja sicher Diesel. Das schon, meint er, aber nicht
sein Bootsmotor - wieviel Sprit ich den bräuchte? Drauf ich:
Wieviel er den hätte - er nur lapidar: 'Just name it'. Ich
frage also: '20Liter?' Er meint 'sure!'...
Da soll noch einer sagen, in Australien gäbe es so wenig
Tankmöglichkeiten...
Mit
deutlich weniger Sorge fahre ich also weiter zurück auf der
Burke - 60km, 70km, 80km - immernoch nichts; meine Stimmung erreicht
ihren Tiefpunkt: spitze - die Ausrüstung ist wohl endgültig
dahin :(((
1½ Stunden nach meine Umkehr kommt mir dann
wieder ein Auto entgegen. Niedergeschlagen halte ich es an. Der
Fahrer meint, wie er mir denn wohl helfen könne. Ich lasse
meinen neuen Standardspruch von der Alukiste ab, er meint nur,
da könne er mir wohl leider nicht helfen. Wir plaudern noch
ein wenig, und es stellt sich heraus, das wir vor 2 Tagen in Carumba
Point auf demselben Campingplatz waren - irgendwann meint er dann,
ich solle doch mal mit zum Heck des Wagens kommen, er wolle mir
was zeigen.
Ich
gehe mit, er macht die Heckklappe auf, zieht eine Decke beiseite
und siehe da - ich kann's kaum glauben: Da liegt meine Alukiste!!!
- das gibt's doch nicht! - wo er die denn her hätte - er
meint, die wäre da kurz nach dem Abzweig zum Mitchell River
am Wegesrand gelegen - und da hätten sich die beiden an mich
erinnert und gemeint, das Teil könne ja wohl nur mir gehören.
Und nachdem ich ihnen nicht entgegen gekommen war, müsse
ich wohl auch nach Chillagoe unterwegs sein, und sie packten das
Teil kurzerhand ein mit dem Vorsatz, in Chillagoe auf dem Campingplatz
nach mir zu suchen.
Da fahren mir zwei wildfremde Leute doch
tatsächlich meine Alukiste fast 150km hinterher - Man soll
es nicht glauben! Das nenne ich Hilfsbereitschaft!!!
Ich
bedanke mich noch ein paar tausend Mal, beule die Koffer notdürftig
mit ihrem Bordwerkzeug aus und wir brettern zusammen gen Chillagoe,
wo ich auch kurz vor Dämmerung erschöpft, aber immerhin
um eine unglaubliche Geschichte reicher, eintreffe und mich meines
Lebens freue - und natürlich die Nacht auf meiner geliebten,
wiedergefundenen
Thermorest verbringe;-P