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drauf geht's dann endgültig runter von den gut gewarteten
Straßen. Zum stielechten Einklang führt die Piste auch
gleich nach den letzten paar Kilometern Teer oberhalb der Isabella
Falls gleich durch die erste Furt...
Die Pisten und Tracks an's Cape York sind
für den Mopedfahrer eine echte Herausforderung - mit den
schlechten Tracks und den nervtötenden, derben Vibrationen
der knapp 1000km Wellblech kann man ja noch auskommen - aber durchschnittlich
drei tiefe Furten pro Tag (und das 4 Tage lang
pro Weg) können eine doch recht nasse Angelegenheit werden.
Vor allem, da Wasserstände von 80cm und mehr keine Seltenheit
sind...
Da hilft dann oft nur eines: Absatteln, Gepäck rübertragen
und das Moped durchschieben - wer das alleine angeht, wird seinen
Spaß damit haben (zum Glück hatte ich mir tatkräftige
Unterstützung mitgebracht :-) Aber Wasserspaß hin oder
her - Cape York heißt auf jeden Fall vier Tage nasse
Füße pro Weg ;-)
Wir
fahren also auf der Piste Richtung Old Laura, der Ruine
einer ehemaligen Cattle-Station.
Zwischendurch mache ich noch beinahe einen Abgang an einem Schlammgraben,
der sich einmal quer über die Piste zieht - da kommt man
mit 100 angebrettert und dann einfach so was - und auch noch ohne
Vorwarnung! Was denken sich die Aussies bloß dabei ;-)
Das kann auch schon mal ins Auge gehen - aber dazu kommen wir
ja später noch...
Kurz
nach Old Laura beginnt dann auch schon der Lakefield NP.
Die Piste wird zum schmalen Track, bei dem man sich vor Gegenverkehr
in acht nehmen muß (vor allem bei all den wagemutigen Touris...).
Unterwegs kommen wir an einem See vorbei, der völlig von
Seerosen bedeckt zu sein scheint (zu gut, daß sich die Krokodile
so gut tarnen - da muß man sich wenigstens keine Gedanken
machen...)
Gegen
Abend treffen wir am Campingplatz an der Hann Crossing
ein. Eigentlich liegt er ja an einem malerischen kleinen Flüßchen,
welches zu einem abendlichen Bad einlädt, auf daß man
den ganzen Staub der Piste loswerde.
Das Dumme ist nur, daß man hier nach Anbruch der Dunkelheit
das nette Spielchen mit der Taschenlampe machen kann: Man strahle
mit dieser über das Wasser, und dividiere die Zahl der aufblitzenden
roten Punkte durch zwei, und schon hat man die Zahl der Krokodile,
die im Wasser auf der Lauer liegen...
Nur gut, daß der Campingplatz an einer Steilflanke, also
gut 1,5m oberhalb des Flusses liegt, und Krokodile (noch) nicht
klettern können ;-)
Kurz
nach sechs stehen wir am nächsten Morgen auf, und ich muß
schon sagen: mit Support-Fahrzeug ist das Reisen doch ein wenig
angenehmer - wenn man halt in aller Ruhe frühstücken
kann, und dabei auf einem Campingstuhl anstatt auf den Alukoffern
sitzen kann, dann hat das durchaus auch seine angenehmen Seiten.
Irgendwann
machen wir uns dann doch wieder auf dem Weg. Der Track führt
uns durch eine riesige Ebene, die nur mit trockenem Gras bedeckt
zu sein scheint - beinahe grenzenlose Weite, nur am Horizont kann
man den australischen Busch gerade noch erahnen...
Später
stoßen wir bei Musgrave Stn auf die Peninsula
Dev. Rd. - die breite Piste ans Cape hoch. Gegen Mittag machen
wir Rast in Coen. Nachdem wir in
dem kleinen Ort zu Mittag gegessen und unsere Tankvorräte
aufgefüllt haben, geht's weiter zum Archer River RH,
dem Tor zu Weipa, einer Minenstadt an der Westküste
des Capes.
Nachdem
ich auf den Pisten (wer hätte es erwartet :-) doch unwesentlich
schneller unterwegs bin als Jörg mit seinem Landcruiser,
habe ich Zeit, um am Roadhouse auszuspannen.
Dabei treffe ich einen Aussi, der eine Yamaha WR400 sein eigen
nennt (ein zu dem Zeitpunkt brandneues Modell) - er brettert sie
gerade vom Cape zurück. Seine überaus effiziente Schutzbekleidung
besteht aus 'nem Puli und 'ner Jeans... Wir fachsimpeln also über
Mopeds (wer hätt's gedacht...), bis Jörg endlich eintrifft.
Ich frage den Aussie noch nach dem Zustand des Tracks zum Iron
Range NP, und Jörg und ich entschließen uns, uns
den Abstecher dorthin zu gönnen - ein folgenschwerer Entschluß,
wie sich noch herausstellen sollte...
Wir
biegen wenig später von der breiten Piste Richtung Iron
Range NP und Chilli Beach ab. Vor uns liegt ein wunderschöner
kleiner und durchaus ein wenig anspruchsvoller Track (mit einer
vergleichsweise zahmen, nur 30cm tiefen Furt am Wenlock River).
Das ist allmählich schon eher das Kaliber, das man mit dem
Namen Cape York assoziiert - aber noch garnichts gegenüber
dem, was uns noch erwarten sollte :-)
Zwischendurch überholen wir eine Kolonne von LKWs, die -
offensichtlich auf der Suche nach Bodenschätzen - ihr schweres
Bohrgerät in die abgelegenen Gebiete des Cape schaffen. Eine
etwas heikle Angelegenheit auf so einem schmalen Track an den
30-Tonnern vorbeizukommen...
Zwischendurch
halte ich immer öfter an, denn mein hinteres Radlager macht
sich immer stärker bemerkbar - na wenn das nicht noch Probleme
gibt! Nachdem wir dann gegen Abend die Furt am Wenlock passiert
haben, schlagen wir unser Camp an seinen steilen Flanken inmitten
des Buschs auf.
Am
nächsten Morgen entpuppt sich das Pärchen des benachbarten
4WDs (und einzigen anderen Fahrzeuges weit und breit) als Österreicher,
und wir halten noch einen kleinen Schwatz bevor wir uns aufmachen,
den Track weiter zum Chilli Beach zu nehmen.
Der Track wird ein wenig besser, dafür ziehen Wolken auf...
Ziemlich ungewöhnlich für ein so trockenes Fleckchen
wie dem Cape, sollte man denken - aber aus irgendeinem Grund wird
das Waldgebiet hier im Iron Range NP wohl Regenwald genannt
werden... (oder wie es der Ranger später so trocken und treffend
erklärt: '...almost daily rain is one of the geographical
'features' of this region...')
Nach
dem Abzweig zur Rangerstation führt der Track dann mitten
hindurch durch diesen feuchten Regenwald, und das volle Grün
der Bäume hebt sich von dem dunklen Rot des Tracks angenehm
ab.
Der Track schlängelt sich durch das dichte Grün, über
Brückenkonstruktionen, bei denen man einen Bauingenieur lieber
nicht nach der potentiellen Tragkraft eines - vor lauter Rost
kaum noch existenten Stahlträgers - fragen sollte, zumindest
nicht, wenn man mit einem gut 3 Tonnen schweren Allrad drüber
fahren will.
Sonnenstrahlen
wechseln sich mit feinem Nieselregen ab, was den lehmigen Boden
gerade noch in einem befahrbaren Zustand hält. Doch das dicke
Ende kommt schon wenige Kurven später...
Nicht daß ich allzu schnell unterwegs gewesen wäre
- immerhin habe ich ja Probleme mit dem Radlager und zudem noch
der leicht schmierige Untergrund - aber die Sache mit den Stahlbrücken
und der Nässe... - oh je - eigentlich ein saudummer Anfängerfehler...
Aber wenn man in Australien einer kleinen Brücke aus Eisenbahnschienen
begegnet, handelt es sich eben in der Regel um ein Grid,
das dazu dient, das Vieh trotz Straße im abgezäunten
Gebiet zu halten. Man gewöhnt sich recht schnell daran, kurz
vor dem Grid ein wenig am Gashahn zu drehen, um das Vorderrad
zu entlasten, da diese Grids meist ein gutes Stück höher
als die restliche Piste liegen.
Aber
genau diese instinktive Reaktion ist natürlich - bei Licht
betrachtet - bei der Kombination aus drei Meter langer Brücke
aus querliegenden, staubigen Eisenbahnschienen und feinstem Nieselregen
bei Leibe nicht die richtige. Kaum berühren meine Reifen
also die Brücke, da mache ich auch schon bei Tempo 40 einen
Abgang und lande total verdutzt und dummer Weise auch äußerst
unsanft auf meiner Schulter - zu meinen Pech auch noch genau in
einer leichten Kuhle, sodaß mein Schlüsselbein auch
wirklich die ganze Energie des Aufpralls auffangen muß...
Ich rapple mich also benommen auf, und betrachte
die Misere - meine Schulter ist ein wenig taub - ich tippe zuerst
auf eine ordentliche Prellung. Ich versuche meine Mühle aufzuheben,
lasse aber gleich wieder davon ab, als ich versuche meine Schulter
zu belasten.
Oha - das fühlt sich aber gar nicht gut an!
Also
warte ich auf Jörg. Der ahnt auch schon Arges, als er um
die Ecke gebogen kommt. Er schaut sich erstmal meine Schulter
an, und meint, die würde aber irgendwie ziemlich krumm aussehen!
- hm - das ist genau das, was ich jetzt hören will!
Wir - oder besser er - hebt erstmal meinen Bock wieder auf, und
wir stellen sie am Wegesrand ab. Sie scheint auf den ersten Blick
deutlich weniger abbekommen zu haben als ich. (Als ich sie 2 Monate
später in Perth genauer untersuche, muß ich dem Rahmenheck
jedoch 5 Brüche attestieren - nun ja, das ständige Übergewicht
aufgrund des Gepäcks war natürlich auch nicht gerade
förderlich - aber zum Glück hatte ich ja 'ne Vollkasko-Versicherung
:-)
Ich
lasse also meine Mühle schweren Herzens alleine am Straßenrand
zurück und wir fahren in Jörgs Landcruiser zu der 10km
entfernten Rangerstation.
Dort angekommen meint der Ranger: "Mann, du hast ja ein Glück
- gerade heute sind die Flying Doctors in der Krankenstation
in der AbCom Docker River, nur 5km die Straße runter
- moment, ich funke mal eben durch - nicht daß die abfliegen,
bevor ihr dort seid!"
Wir brechen also auf zur Krankenstation, wo ich
von einer bärtigen 'Nurse' schon erwartet werde. Er nimmt
meine Daten auf und ich werde zum Demonstrationsobjekt, denn der
junge Arzt der Flying Doctors zeigt ihm, wie das neue Röntgengerät
denn so funktioniert - ich beginne, mir so meine Gedanken zu machen,
beschließe aber schnell, daß es wohl in meiner Situation
besser wäre, nicht weiter über solche Kleinigkeiten
nachzudenken...
Die Diagnose der Ärztin ist dann eindeutig:
gebrochenes Schlüsselbein :-(
(Ein Arzt, der sich später in Cairns noch einmal die Aufnahmen
ansieht, meint dazu: 'Hey, you did a pretty good job!' - dummerweise
bezog er sich auf das Ausmaß der Zertrümmerung meines
Knochens, denn ein einfacher, sauberer Bruch hatte mir ja nicht
reichen wollen...).
Und die Behandlung? - Tja, da könne man gipsen
oder Streckenverbände machen usw, aber das hätte eh
alles in etwa das gleiche Ergebnis, der einzige Unterschied wäre,
daß der Streckverband deutlich schmerzhafter ist - aber
falls ich unbedingt darauf bestehen würde...
Ergo bekomme ich einfach eine Schlinge um den
Hals, und das war's dann (zum Glück hatte ich mich ja schon
vor einer Stunde dazu entschlossen, mir keine weitere Gedanken
über Dinge zu machen, die einen eigentlich ja ein wenig stutzig
machen sollten - aber solche Gedanken macht man sich besser nicht
am anderen Ende der Welt :-)
(Der besagte Arzt in Cairns meinte übrigens, als er die doch
recht ramponierte Schlinge 8 Tage später sah, da müsse
man natürlich was Ordentliches machen - so ginge das schließlich
nicht! - was sich denn die Kollegen dabei wieder gedacht hätten?!?
- Ich freute mich natürlich schon auf einen ordentlichen
Verband, der das ganze irgendwie ruhiger halten sollte. Ich bin
denn doch ein wenig erstaunt über das, was mir die Krankenschwester
dort dann anfertigt: Eine Schlinge - diesmal aber aus einem gepolsterten
Kunstoffmaterial, und mit einem Kabelbinder (sicherlich aus dem
Medizinbedarf) in Form gehalten - soviel zu Medizinern...)
So versorgt stellt sich natürlich die Frage:
Und wie geht's jetzt weiter?!?
Jörg
bietet mir an, einfach in seinem Landcruiser mitzukommen. Ich
zögere ein wenig (immer noch ein wenig um meine Gesundheit
besorgt), überlege mir kurz die Alternativen, und beschließe
dann aber, das Abenteuer, wenn schon, denn auch richtig zu beenden.
Wir fahren also zurück zum Ranger - dort treffen wir einen
anderen 4WD, dessen Fahrer (übrigens ein Physiotherapeut,
der zu meiner Erleichterung die Behandlungsmaßnahmen als
sinnvoll bestätigt) heute abend an meinem Moped eh noch vorbei
muß. Jörg fährt also mit ihm mit und bringt drei
Stunden später, im allerletzten Büchsenlicht, auch meine
Mühle mit zurück. Ausnahmsweise erlaubt uns der Ranger
vor seiner Station zu campen. Eine äußerst schlaflose
Nacht kündigt sich an...
Am
nächsten Morgen halten wir nochmal einen Schwatz mit dem
Ranger, denn irgendwie muß ja meine Mühle schließlich
nach Perth kommen. Kein Problem, meint er, einmal die Woche käme
eine Barke an die Anlegestelle des Ortes und die könne meinen
Bock problemlos nach Cairns bringen, wir müßten dazu
nur im Workshop der Community alles regeln. Also wieder nach Lockart
River, den Workshop ausfindig gemacht, einen Verantwortlichen
gefunden, und 'alles' geklärt (na ja, wie das halt
so ist - ich mußte dann von Perth aus noch 3 mal anrufen,
bis das Teil auch endlich in Cairns war, 6 Wochen (und einige
graue Haare) später, war's dann tatsächlich auch mit
einem Möbeltransport in Perth angekommen...)
Danach füllen wir unsere Vorräte
auf und machen uns, von jetzt ab nur noch im Geländewagen
:-/, zum Abenteuer Cape York auf.